EIN KAUM BEWOHNTES GEBIET
Viele Jahrhunderte lang galt Patagonien als das äußerste Ende der bis dahin bekannten Welt. Sagenumwoben, fern und seltsam, bewohnt von Wesen mit riesiger Gestalt und fremden Gewohnheiten. Um an dieses Ziel zu gelangen, musste man eins der gefährlichsten Weltmeere überqueren. Schon vor langer Zeit kamen verschiedene Seefahrer nach Patagonien und glaubten, sie hätten die Tore der unbekannten Terra Australis erreicht, einem mythischen Kontinent, der auf den Karten im äußersten Süden der Erde eingezeichnet war. Heute, wie bereits vor 500 Jahren, ist Patagonien noch immer ein unbekanntes und wildes Gebiet und gilt weiter als das Ende der Welt.
Patagonien ist fast unbesiedelt. Die dem Nationalpark Torres del Paine am nächsten gelegenen Städte sind Puerto Natales und Punta Arenas, je 147km und 393km weit vom Park entfernt.
Punta Arenas war 1848 als Strafkolonie gegründet worden und ist die größte chilenische Stadt Patagoniens. Mit zunehmender Bedeutung der Seefahrt wurde sie zu einer lebendigen und weltoffenen Hafenstadt. Weit vom Treiben in Punta Arenas entfernt liegen in Abgeschiedenheit und Einsamkeit große Viehzuchtfarmen. Das Leben dort beruht zwangsläufig auf Subsistenzwirtschaft und diese Landgüter sind von der städtischen Entwicklung fast unberührt geblieben.
Alte Wurzeln
Der typische Gaucho aus Patagonien kümmert sich um die Arbeiten auf dem Landgut – der Estancia – und ist ein freiheitsliebender und einzelgängerischer, aber gastfreundlicher Mensch. Vor Sonnenaufgang steht er auf, treibt das Vieh auf die Pampa und verrichtet die auf dem Land anfallenden Arbeiten. Er ist ein sehr guter Reiter und beherrscht die Wurftechnik der boleadoras –eine Waffe aus Steinkugeln und Lederstreifen, die die alten Tehuelche verwendeten.
Von den vier Ethnien, die ursprünglich in diesem Gebiet lebten – und niemals allzu zahlreich –, gibt es nur noch einige Dutzend an überlebenden Nachkommen. Der erste Europäer, der nach Patagonien gelangte, war der portugiesische Seefahrer Fernando Magellan. Er entdeckte 1520 die nach ihm benannte Meerenge im äußersten Süden Amerikas. Seine Chroniken erzählen von Begegnungen mit großen Menschen und erstaunlich riesigen Fußabdrücken an der Küste.
So bekamen die von Magellan beschriebenen Riesen mit den großen Fußabdrücken den Namen „patagones“. Einige behaupten, dies sei auf das umgangssprachliche spanische Wort für „Fuß“ – „pata“, zurückzuführen. Jedenfalls begann man bald, das „Land der patagones“ „Patagonien“ zu nennen.
Vor 8000 Jahren waren halbnomadische Völker nach Patagonien gekommen. Die Kawesqar oder Alakalufen, die Tehuelche oder Patagonier, die Selknam und die Yamana waren Sammler und Jäger an Land und auf dem Meer. Sie passten sich den rauen Lebensbedingungen dort an und ihre einfachen Lebensstile offenbaren eine Fülle an Kunst und religiösen Ausdrucksformen.
1520 entdeckte Magellan, der die erste westliche Expedition in den Süden Südamerikas anführte, einen natürlichen Durchgang, der Atlantik und Pazifik verband. Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die zu Ehren des Entdeckers benannte Magellanstraße dann zur wichtigsten Verbindung zwischen den beiden größten Weltmeeren.
Ende des 19. Jahrhunderts gewann die Viehwirtschaft an Bedeutung und ausgelöst durch die Nachfrage in der britischen Textilwirtschaft wurde insbesondere die Schafzucht zum Hauptwirtschaftszweig Patagoniens. In den weiten grünen Tälern der Pampa entstanden große Landwirtschafts- und Viehzuchtfarmen, die estancias, von denen manche bis heute fortbestehen.
Die Weltumsegler: Kap Hoorniers
Das Cap Hoorn, der südlichste Punkt Feuerlands, wurde 1616 vom holländischen Seefahrer und Kaufmann Jacob Le Maire entdeckt. Dieser suchte damals zwecks der Handelsbeziehungen zum Fernen Osten eine Alternativroute zur Magellanstraße, die unter spanischer Herrschaft stand.
Die Wucht von Wind und Wellen machten diesen Ort im Lauf der Zeit für die erfahrensten Seefahrer der Welt zu einer Feuerprobe. 1937 wurde im französischen Hafen Saint Malo die erste Bruderschaft der Kap-Hoorniers gegründet. All diese Kapitäne hatten vielmehr mit Bravour als mit neuester Technik das Cap Hoorn umsegelt, einzig und allein von der Kraft des Windes geleitet. In Saint Malo feierte man die Treue, den Mut, die Entschiedenheit und Führungsgabe der Seefahrer und diese Stimmung griff später auch nach Chile, Australien, Finnland, England, Neuseeland, Norwegen und Holland über.
Einige Eckdaten der Erkundung Patagoniens:
- 1520: Ferdinand Magellan, portugiesischer Seefahrer.
- 1616: Jacob Le Maire, niederländischer Seefahrer.
- 1766: Louis Antoine de Bouganville, französischer Seefahrer.
- 1799: Alexander von Humboldt, deutscher Naturforscher.
- 1830/1831: Robert Fitz Roy, britischer Marineoffizier und Wissenschaftler.
- 1831: Charles Darwin, britischer Naturforscher
- 1879: Florence Dixie, britische Schriftstellerin und Feministin.
- 1895/1896: Otto Nordenskjöld, norwegischer Polarforscher.
- 1901/1908/1914: Ernest Shackleton, irischer Polarforscher.